Fleischskandal bei Lidl - eine Gefahr auch für uns Menschen?
Ist euch bewusst, dass die Art, wie die Hühner gehalten werden, nicht nur für diese Tiere ein Problem ist, sondern auch das Risiko für Infektionskrankheiten unter Wildtieren und uns Menschen sowie für das Auftreten von Pandemien deutlich erhöht? Die Tiere in den Ställen können sich nicht
Kürzlich veröffentlichte die Albert Schweitzer Stiftung Recherche-Aufnahmen aus den Hühnerställen von Lidl-Lieferanten. Die Aufnahmen deckten erhebliche Missstände auf. Wie die Hühner für Fleisch leiden, das bei Lidl verkauft wird, erfahrt ihr hier (ext. Link).[1]
Ist euch bewusst, dass die Art, wie die Hühner gehalten werden, nicht nur für diese Tiere ein Problem ist, sondern auch das Risiko für Infektionskrankheiten unter Wildtieren und uns Menschen sowie für das Auftreten von Pandemien deutlich erhöht? Die Tiere in den Ställen können sich nicht an die AHA-Regeln halten. Je mehr Tiere auf engem Raum gehalten werden, je schlechter die hygienischen Bedingungen und je gestresster die Tiere sind, umso leichter haben es Viren, sich zu vermehren und zu Varianten zu mutieren, die auch für Menschen gefährlich werden können. Gerade Vogelgrippeviren lösten im letzten Jahrhundert schon Pandemien aus, darunter die verheerende sog. “Spanische Grippe”. In den letzten Jahrzehnten entstanden in Ställen sehr gefährliche, neue Varianten der Vogelgrippeviren. In Schweineställen rekombinierten sich Vogelgrippeviren mit Schweinegrippeviren und menschlichen Grippeviren. 2019 setzte die Weltgesundheitsorganisation WHO eine neue Grippepandemie auf die Liste der 10 größten Bedrohungen für die globale menschliche Gesundheit. Neben Viren sind aber auch Bakterien aus der Tierhaltung jetzt schon problematisch. Resistente Erreger stehen ebenfalls auf dieser Liste der WHO.[2]
Unter den dringenden gesundheitlichen Herausforderungen dieses Jahrzehnts (veröffentlicht im Januar 2020) sieht die WHO unter anderem folgende Punkte:[3]
- Infektionskrankheiten stoppen
- Vorbereitung auf Epidemien ("...höchstwahrscheinlich ein Influenza-Stamm – gegen den die meisten Menschen nicht immun sind...")
- Menschen vor gefährlichen Produkten (Nahrung und Tabak) schützen
- Schutz der Medikamente, die uns schützen (antimikrobielle Mittel, zur Vorbeug und Behandlung von durch Bakterien, Parasiten, Viren und Pilze verursachten Infektionen.)
Wie können wir die Tiere und uns schützen?
Je weniger Tiere für unsere Ernährung gehalten werden, umso geringer ist das Risiko für zoonotische Infektionskrankheiten, Epidemien und Pandemien unter Menschen sowie Epizootien und Panzootien in der Tierwelt. Wir können jetzt ein Mindestmaß an Standards fordern, um den Tierschutz und die Hygiene anzuheben. Allerdings bedeutet jegliche Tierhaltung zur Nahrungsmittelproduktion ein Risiko.
- Jede Reduktion des Konsums tierischer Produkte hilft, uns alle vor Pandemien zu schützen und auf der persönlichen Ebene vor Infektionen mit zoonotischen Erregern. Gleichzeitig vermindern wir durch sinkende Tierbestände auch das Risiko für Wildtiere, sich mit gefährlichen Erregern aus der Tierhaltung zu infizieren und daran zu sterben.
- Neben dem Hebel, den wir alle als Verbrauchende durch unsere persönlichen Entscheidungen haben, benötigen wir auch ein Umdenken in Politik, Handel und Landwirtschaft. Wenn auch ihr Lidl auf das Problem aufmerksam machen wollt, könnt ihr gerne diese Seite teilen oder den unten stehenden Text an Lidl schicken.
- Leider wird es auf absehbare Zeit weiter Geflügelbetriebe geben. Um zumindest das Leid der Tiere etwas zu lindern, gibt es hier eine Petition der Albert Schweitzer Stiftung (ext. Link). Darin wird Lidl aufgefordert, die Kriterien der Europäischen Masthuhn-Initiative umzusetzen.
- Für landwirtschaftliche Betriebe, die aus der Tierhaltung aussteigen möchten, gibt es Möglichkeiten und Unterstützung, beispielsweise von Hof Narr (ext. Link) und BeVeLa (ext. Link).
Wir konzentrieren uns auf dieser Seite auf den Fleischskandal bei Lidl. Dieser Konzern ist jedoch kein Einzelfall, solche und ähnliche Zustände sind in vielen Betrieben rund um die Welt trauriger Alltag. Wir benötigen nicht "nur" zum Schutz der betroffenen Tiere und zur Bekämpfung von Klimakrise und Artensterben eine Ernährungswende hin zur pflanzenbasierten Ernährung, sondern auch zum Schutz vor zoonotischen Infektionskrankheiten. Denn:
Tierbetriebe sind Brutstätten für zoonotische Erkrankungen und Pandemien.
Selbstverständlich handelt es sich um ein Problem, das weltweit angegangen werden muss. Die Gefahr des Sprungs zoonotischer Erreger auf den Menschen kann in ärmeren Regionen sogar größer sein als bei uns in Deutschland. Als Gründe werden oft geringere Sicherheits- und Hygienestandards sowie ein engeres Zusammenleben mit den Tieren aufgeführt. Doch was helfen Standards, wenn sie nicht eingehalten werden? An etlichen Skandalen, die den Tierschutz in der Fleischindustrie - aber auch den Verbraucherschutz - betreffen, wird deutlich, wie sehr Kontrolle und Umsetzung bestehender Regelungen versagen. Darüber hinaus ist eine hundertprozentige Sicherheit im landwirtschaftlichen Betrieb schlicht nicht möglich. Dazu gibt es viel zu viele Möglichkeiten für Viren, in Ställe zu gelangen und wieder hinaus. Auch bei uns gibt es etliche Menschen, die privat Hühner halten und möglicherweise engen Kontakt zu den Tieren haben. Auch diese Haltungsform bleibt nicht von Vogelgrippe-Ausbrüchen verschont. So könnte beispielsweise ein in großen Ställen mutiertes Virus über verschiedene Wege auch in eine private Haltung gelangen und dort Menschen infizieren.
Das alles kann sehr erdrückend und aussichtslos wirken. Es darf jedoch kein Grund sein, den Kopf in den Sand zu stecken. Denn dann rasen wir unweigerlich auf weitere Pandemien zu. Und die könnten deutlich schlimmer enden, als die COVID-19-Pandemie. Es ist höchste Zeit zu handeln, um das Risiko zu minimieren. Wir haben hier in Europa alle Möglichkeiten. Lasst uns die Ernährungswende in Angriff nehmen!
“Die ultimative Lösung liegt in der Veränderung der Ansicht der Menschen darüber, was lecker, angesagt, prestigeträchtig oder gesund ist.”
Jie Li, Jun (Justin) Li et al. (Übers. aus dem Englischen.)
Dieses Zitat stammt aus einer Publikation zu COVID-19, es bezog sich dort auf den Verzehr von Wildfleisch.[4] Mit Blick auf all die weiteren zoonotischen Erreger, trifft es auf jeglichen Fleischkonsum, aber auch auf den Konsum anderer tierischer Produkte zu.
Links zu mehr Informationen befinden sich unter den Bildern. Die folgenden Bilder bieten einen kleinen Einblick in Hühnerställe von Lidl-Lieferanten. Sie zeigen die Masse an Tieren sowie die Enge in den Ställen und lassen die hygienischen Probleme erahnen. Wir haben bewusst auf besonders grausame Bilder verzichtet. Die Aufnahmen stammen aus der Recherchearbeit der Albert Schweitzer Stiftung (ext. Link).
Gelangt ein Vogelgrippevirus in den Stall, verbreitet es sich rasend schnell. Wind, Insekten, Mäuse, Futter, Mist, Abwasser, Menschen, Fahrzeuge, Arbeitsgeräte usw. können die Viren von einem Stall zum nächsten und in die Umgebung transportieren.
Viele Tiere auf engem Raum, im eigenen Kot. Stress, Überzüchtung... Perfekte Bedingungen für Viren, sich zu vermehren und zu mutieren.
Kommen Menschen in Kontakt mit den Tieren, können zoonotische Viren auch auf den Menschen springen - was immer mal wieder passiert. In den letzten Jahren hatten wir Glück, dass es (noch) nicht schlimmer kam.
Ein gewisser Anteil toter Tiere ist einkalkuliert - selbst ohne das Hinzukommen von Viren.
Warum kommt es in Tierbetrieben und Tiermärkten zu Ausbrüchen von Infektionskrankheiten?
Influenza: Woher kommt die Grippe und welche Rolle spielt die Geflügelhaltung?
Wie gefährlich können Influenzaviren für uns Menschen werden?
Was hat unsere Lebensweise mit Pandemien zu tun?
Welche Botschaft hat der in Kenia lebende Massai Jack Lekishon an die Menschen in Europa?
Wie können wir zukünftigen Pandemien vorbeugen?
Was sind aus Sicht der WHO die zehn größten Bedrohungen für die globale menschliche Gesundheit?
Weiterführende Links:
- Interview zum Thema, das sowohl das Problem schildert als auch Lösungsansätze aufzeigt. Bis zum Ende dran bleiben lohnt sich. (Dr Katrien Devolder (University of Oxford), Professor Aaron S. Gross (University of San Diego). Practical Ethics Channel; 06.2021)
- We have to wake up: factory farms are breeding grounds for pandemics. Jonathan Safran Foer and Aaron S Gross; 20.04.2020
- Fleischskandal bei Lidl. Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt; 2022
- Petition der Albert Schweitzer Stiftung zum Lidl-Fleischskandal
Brief an Lidl
Hallo Lidl-Team, liebe Jana Daum, liebe Christin Winkler.
Kürzlich deckten Recherche-Aufnahmen erhebliche Missstände in Hühnerställen von Lidl-Lieferanten auf, unter denen die Tiere extrem leiden. Ist euch bewusst, dass die Art, wie Tiere für Lidl-Produkte gehalten werden, darüber hinaus das Risiko für Infektionskrankheiten bei uns Menschen und für künftige Pandemien deutlich erhöht? Die Tiere in den Ställen können sich nicht an die AHA-Regeln halten. Je mehr Tiere auf engem Raum gehalten werden, je schlechter die hygienischen Bedingungen und je gestresster die Tiere sind, umso leichter haben es Viren, sich zu vermehren und zu Varianten zu mutieren, die auch für Menschen gefährlich werden können. Gerade Vogelgrippeviren lösten im letzten Jahrhundert schon Pandemien aus, darunter die verheerende sog. “Spanische Grippe”. In den letzten Jahrzehnten entstanden in Geflügelställen sehr gefährliche, neue Varianten der Vogelgrippeviren. In Schweineställen rekombinierten sich Vogelgrippeviren mit Schweinegrippeviren und menschlichen Grippeviren. 2019 setzte die Weltgesundheitsorganisation WHO eine neue Grippepandemie auf die Liste der 10 größten Bedrohungen für die globale menschliche Gesundheit. Neben Viren sind aber auch Bakterien aus der Tierhaltung jetzt schon problematisch. Resistente Erreger stehen ebenfalls auf dieser Liste der WHO. Auch unter den von der WHO benannten dringenden gesundheitlichen Herausforderungen dieses Jahrzehnts finden sich diese Bedrohungen wieder.
Je weniger Tiere zur Nahrungsmittelproduktion gehalten werden, umso geringer ist das Risiko für zoonotische Infektionskrankheiten, Epidemien und Pandemien. Dass Standards in der Tierhaltung eingehalten werden ist unerlässlich, um das Leid der Tiere zumindest zu reduzieren und die Hygiene anzuheben. Allerdings bedeutet jegliche Tierhaltung zur Nahrungsmittelproduktion ein Risiko.
Ich bin beeindruckt von der Entwicklung eurer veganen Produktpalette und wäre sehr dankbar, wenn ihr diese noch weiter ausbaut und gleichzeitig das Angebot von Tierprodukten deutlich reduziert. Über eine faire Preisgestaltung könnt ihr es darüber hinaus auch Menschen die wenig Geld zur Verfügung haben erleichtern, vermehrt auf pflanzliche Produkte umzusteigen. Damit könnt ihr einen erheblichen Beitrag für die Sicherheit und das Wohl von Menschen und Tieren leisten.
Mit freundlichen Grüßen,
Quellen und Links:
Ten threats to global health in 2019:
https://www.who.int/news-room/spotlight/ten-threats-to-global-health-in-2019
Urgent health challenges for the next decade:
https://www.who.int/news-room/photo-story/photo-story-detail/urgent-health-challenges-for-the-next-decade
Gesammelte Informationen (incl. Quellen) zu den Zusammenhängen zwischen der Tierhaltung, zoonotischen Infektionskrankheiten und Pandemien sowie Lösungsansätze unter: www.metipan.de
Kontaktmöglichkeiten
- [email protected] und [email protected]
- Lidl Digital International GmbH & Co. KG, Stiftsbergstraße 1, 74172 Neckarsulm
- https://www.instagram.com/lidlde/
- https://www.facebook.com/lidl/
Quellen:
Fleischskandal bei Lidl. Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt; 2022 ↩︎
Ten threats to global health in 2019. World Health Organization; 2019 (who.int) ↩︎
Urgent health challenges for the next decade. World Health Organization; 13.01.2020 (who.int) ↩︎
Game consumption and the 2019 novel coronavirus. Jie Li, Jun (Justin) Li, Xiaoru Xie et al.; 07.02.2020 (PubMed Central, nih.gov) ↩︎