Warum kommt es in Tierbetrieben und Tiermärkten zu Ausbrüchen von Infektionskrankheiten?

Drängen sich sehr viele Tiere auf engem Raum, können Erreger leicht von einem Individuum auf ein anderes überspringen. Die Haltung vieler verschiedener Tierarten, wie auf Wildtiermärkten, begünstigt zudem eine gegenseitige Ansteckung mit "artfremden" Erkrankungen sowie die Vermischung der Erreger,

Drängen sich sehr viele Tiere auf engem Raum, können Erreger leicht von einem Individuum auf ein anderes springen. Die Haltung vieler verschiedener Tierarten, wie auf Tiermärkten, begünstigt zudem eine gegenseitige Ansteckung mit "artfremden" Erkrankungen sowie die Vermischung der Erreger, wodurch neue Krankheiten entstehen können.

Durch die auf einheitliche Abläufe und maximalen Gewinn ausgelegte Zucht, fehlt es den Tieren in der modernen Tierhaltung an genetischer Vielfalt. Das macht sie zu perfekten Zielen für entstehende Krankheiten. Ein gesundheitlich schlechter Zustand, oft katastrophale Lebensverhältnisse, Stress beim Transport[1] und durch Praktiken wie betäubungslose Kastration, Abschleifen der Zähne oder Enthornung, erhöhen die Infektanfälligkeit der Tiere zusätzlich. Während die Haltung vieler Tiere auf engem Raum die Verbreitung und Mutation von Erregern drastisch beschleunigt, helfen weite Transportwege bei der Verbreitung und Vermischung unterschiedlicher Viren und Bakterien über weite Strecken und Ländergrenzen hinweg (s. Grippepandemien als Beispiel).

Die zunehmende räumliche Nähe von Tierhaltung und "Wildnis" begünstigt die gegenseitige Ansteckung von "Nutztieren" und Wildtieren: So führten beispielsweise 1997 Brandrodungen in Borneo und Sumatra dazu, dass Fruchtfledermäuse (Flughunde) ihre Lebensräume verloren. Auf der Suche nach Futter nisteten sich einige in Mangobäumen über großen Schweinefarmen in Malaysia ein.[2] Dies führte zur Ansteckung der Schweine mit dem Nipah-Virus.[3] Das für Fruchtfledermäuse harmlose Virus war für die Schweine alles andere als harmlos. Viele starben innerhalb von vierundzwanzig Stunden.[4] Über die Schweine als "Kanal", kam es zur Erkrankung fast aller Tiere in der Umgebung: Nutztiere wie Schafe und Ziegen, Haustiere wie Katzen, Hunde und Pferde, Wildtiere wie Hirsche und Rehe.[5] Die Menschen waren keine Ausnahme. Mithilfe von Tiertransporten verbreitete sich das Nipah-Virus in der ganzen Nation. Für den Menschen stellte es sich als eines der tödlichsten Viren heraus: vierzig Prozent der infizierten starben. Bei späteren Ausbrüchen in anderen Ländern kam es zu Letalitätsraten von bis zu fünfundsiebzig Prozent.[6][7]

Hier in Deutschland haben wir zwar kaum noch Wildnis, dennoch kommt es auch hier zu Übertragungen von Krankheitserregern zwischen "Nutz"- und Wildtieren. Insbesondere Vogelgrippeviren verursachen immer wieder Tragödien unter Wildvögeln und in Geflügelställen und bergen erhebliche Risiken auch für uns Menschen.

Probleme mit Infektionskrankheiten beschränken sich nicht auf die Haltung von Landtieren – auch in der Fischindustrie haben sie Auswirkungen auf die Meere, wildlebende Arten und den Menschen.

Warum herrschen in Tierbetrieben und Märkten diese Bedingungen?

Eine sehr hohe und stetig wachsende Nachfrage nach tierischen Lebensmitteln macht hygienischere und tiergerechtere Bedingungen weniger ökonomisch und mit Blick auf Ressourcen nicht umsetzbar. Selbst unter den aktuell vorliegenden Bedingungen sind Tierbetriebe so unwirtschaftlich, dass sie staatlich subventioniert werden müssen.

Die folgende Grafik verdeutlicht, um wie viele Tiere es allein in Deutschland geht. Es sind jedoch nur die Landtiere aufgeführt. In Deutschland lebten 2019 gut 83 Millionen Menschen.[8] Jahr für Jahr werden mehr als zehnmal so viele “Nutztiere” getötet. Wie schon im Bezug auf die Vogelgrippe erwähnt, ist ein gewisser “Verlust” durch vorzeitig verstorbene Tiere einkalkuliert - dies gilt nicht nur für Hühner. Neben Krankheitserregern ist beispielsweise auch die Züchtung zu immer höherer “Produktivität” eine weitere Ursache dafür, dass etliche Tiere schon vor der Schlachtung sterben.

122388973_797734714359023_6277100297924317550_n© Rittenau, N. & Copien, S. (2020). Vegan Low-Budget. BJV-Verlag

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Quellen:


  1. The welfare of animals during transport. Report of the Scientific Committee on Animal Health and Animal Welfare; 2002 (European CommissionHealth & Consumer Protection Directorate-General) ↩︎

  2. Scientists Search for Human Hand Behind Outbreak of Jungle Virus. Peter Fritsch; 06.2003 (The Wallstreet Journal) ↩︎

  3. Emerging viral infections of the nervous system. Richard T. Johnson; 03.2003 (Journal of NeuroVirology / Springer ↩︎

  4. Nipah Virus: Clinical Signs Observed in Swine in Affected Aereas (pighealth.com) ↩︎

  5. Emergence of Nipah Virus in Malaysia. P. K. Uppal; 2006 (The New York Academy Of Sciences) ↩︎

  6. Nipah Virus: Impact, Origins, and Causes of Emergence. Jonathan H. Epstein, DVM, MPH, Hume E. Field, PhD, MSc, MACVS et al. Current Infectious Disease Reports 2006, 8:59–65; 2006 (Current Science Inc. ISSN 1523-384 / PMC) ↩︎

  7. How to Survive a Pandemic. Michael Greger, M.D., FACLM; 05.2020 (Buch) ↩︎

  8. Bevölkerung in Deutschland im Jahr 2019 auf 83,2 Millionen gestiegen (Statistisches Bundesamt) ↩︎