Warum ist es wichtig, Wildtiere vor SARS-CoV-2 zu schützen?
Je stärker sich SARS-CoV-2 unter uns Menschen und unseren Tieren (sog. Nutz-, Haus- und Zootieren) verbreitet, um so höher die Gefahr, dass die Erkrankung auf Wildtierarten übergeht und sich neue (sekundäre) Reservoire für das Virus bilden. Dieses Virus kann besonders viele verschiedene Tierarten infizieren, was die erfolgreiche Ausbreitung unter Wildtieren erleichtert. Somit ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass dem Virus eine solche Ausbreitung gelingt. Findet es in einem oder gar mehreren der zahlreichen potenziellen Wirte ein neues Reservoir, kann es sich dauerhaft festsetzen und immer wieder Wildtiere infizieren. Während der Anpassung eines Virus an einen neuen Wirt können neue, unter Umständen gefährlichere, Varianten entstehen.
Warum ist der Schutz der Wildtiere auch für uns Menschen weltweit von großer Bedeutung?
Sind Wildtiere infiziert besteht die Gefahr, dass das Virus immer mal wieder zurück auf den Menschen springt und COVID-19 erneut aufflammen lässt. (Hier gehen wir konkreter auf dieses Szenario ein.) Ein durch Mutationen in einer oder mehreren Wirtstierarten entsprechend stark verändertes Virus könnte im Laufe der Zeit - beispielsweise als SARS-CoV-3 - eine neue Pandemie auslösen. Das SARS-CoV-2 Virus möglichst schnell und effektiv zurückzudrängen ist daher essenziell um Tiere und Menschen zu schützen. Hygienemaßnahmen sind dabei ein wichtiger Baustein, enfalten alleine jedoch nicht die nötige Wirkung, wie wir seit über einem Jahr Pandemie beobachten können. Die Kombination mit der Impfung bietet uns die große Chance, die wir so dringend benötigen.
Welche Rolle spielt dabei die weltweite Verteilung der Impfstoffe?
Regionen der Erde in denen besonders viele und besonders stark bedrohte Tier- und Pflanzenarten leben, werden Biodiversitäts-Hotspots genannt. Viele Arten kommen nur in einer dieser Regionen vor (endemische Arten). Diese Regionen sind einige der wichtigsten Ökosysteme der Welt und auch für uns Menschen von großer Bedeutung. Die meisten Biodiversitäts-Hotspots befinden sich in Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen. Diese Länder, insbesondere die ländlichen Gebiete in denen Interaktionen zwischen Menschen und Wildtieren häufig vorkommen, haben in der Regel kaum Zugang zu Impfstoffen. Doch gerade die Impfung von Menschen, die in der Nähe von nichtmenschlichen Primaten, Katzenartigen, Fledermäusen und anderen Tieren leben, schützt die Wildtiere vor der Ansteckung und minimiert die Gefahr sogenannter „reverse Spillovers“ (umgekehrten Übertragungen). Gladys Kalema-Zikusoka[*] und Fabian H. Leendertz[**] schlugen daher im März 2021 vor, die Impfung dieser Personengruppen nach der Impfung von priorisierten Gruppen, wie älteren Menschen und Gesundheitspersonal, in Betracht zu ziehen. Die Einbindung von “Nicht-Standard-Akteuren” wie Nationalparkbehörden oder Naturschutzorganisationen könnte dazu beitragen, dass die Impfungen auch abgelegene Regionen erreichen.[1]
Ein solcher Ansatz der die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt schützt, wird als One-Health-Ansatz bezeichnet.
Dieser Ansatz ist nicht neu. Forschende die Krankheitsübertragungen vom Menschen auf Menschenaffen untersuchten, wiesen schon vor Jahren auf die Dringlichkeit eines solchen Ansatzes hin. SARS-CoV-2 verschärft die Situation noch einmal.
Warum ist es darüber hinaus wichtig, dass wir Impfstoffe mit ärmeren Ländern teilen?
Welche Tierarten haben sich bereits beim Menschen mit SARS-CoV-2 angesteckt?
* Gladys Kalema-Zikusoka ist die erste Wildtierärztin Ugandas und Gründerin der Organisation “Conservation Through Public Health”. Die gemeinnützige Organisation CTPH hat sich zur Aufgabe gemacht, Gorillas und andere Wildtiere vor Krankheiten von Menschen und ihren sogenannten Nutztieren zu schützen.[2] ↩
** Der deutsche Biologe und Veterinärmediziner Fabian H. Leendertz ist Experte für Zoonosen. Er ist Teil der von der WHO zusammengestellten 10-köpfigen Forschungsgruppe, die den Ursprung der COVID-19-Pandemie erforschen soll.[3] ↩