Gibt es Medikamente, die gegen Viruserkrankungen helfen?

Während gegen bakterielle Erkrankungen Antibiotika eingesetzt werden können, sind diese gegen Viruserkrankungen nutzlos. Sie können jedoch im Verlauf einer Viruserkrankung unterstützend gegen sekundäre bakterielle Infektionen eingesetzt werden. Während der Pandemie 1918 wäre dies jedoch keine große Hilfe gewesen, da viele Menschen starben, weil das Virus eine Überreaktion ihres eigenen Immunsystems auslöste. Es wird befürchtet, dass wir mit einem Virus wie H5N1 in eine vergleichbare Situation kommen könnten.

In den 1960er Jahren gab es einen Durchbruch: antivirale Medikamente kamen auf den Markt, die Influenzaviren am Eindringen in die Wirtszellen hindern konnten. 1997 war im CDC-Bericht über den Vogelgrippe-Ausbruch durch den Erreger H5N1 in Hongkong zu lesen, es gäbe mit Amantadin und Rimantadin zwei antivirale Medikamente, die die Reproduktion nahezu aller auftretenden natürlich vorkommenden Stämme der Influenza-A (gemeint waren Influenza-Stämme mit pandemischem Potenzial) hemmten. Sie könnten daher nützlich für Prophylaxe und Behandlung von Influenza-A-Infektionen sein.[1]

Nachdem über Jahre hinweg chinesische Geflügelbauern diese Medikamente ins Wasser der Hühner gegeben hatten, um den ökonomischen Verlusten durch die Vogelgrippe vorzubeugen, gab es 2005 verheerende Neuigkeiten. Durch diese Praktik war das neu entstandene Virus H5N1 resistent gegen die zuvor potenziell lebensrettenden Medikamente geworden.[2] Damit sei eine ganze Klasse an antiviralen Medikamenten verloren, schrieb ein Experte.[3]

Wie waren die Chinesen auf diese folgenschwere Idee gekommen? Sie hatten sich diese Methode vom Westen abgeguckt. In den USA war bereits 1983 Amantadin vorbeugend ins Wasser kommerzieller Geflügelfarmen gegeben worden, nachdem es in Pennsylvania einen Influenza-Ausbruch gegeben hatte. Damals hatten sich schon resistente Mutationen gezeigt, die innerhalb von neun Tagen aufgetaucht waren.[4]

Sehr riskant ist auch der massenhafte Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung.

Gibt es Alternativen zu Amantadin?

1999 kam eine neue Klasse antiviraler Medikamente auf den Markt: Oseltamivir (Markenname Tamiflu®). Laut vom Hersteller finanzierten Studien hieß es 2003, dass Tamiflu Krankenhausaufenthalte und Komplikationen verringere. Regierungen gaben Milliarden für Vorräte an diesem Medikament aus. Während der Pandemie 2009 stellte sich heraus, dass Daten von 8 der originalen 10 Studien nie publiziert worden waren. 2013 wurden diese Daten schließlich zugänglich gemacht: die Studien konnten die behaupteten Wirkungen nicht ausreichend nachweisen. Die überarbeitete systematische Übersichtsarbeit der Cochrane Organisation führte zu dem Schluss, dass die Vorteile die Risiken nicht überwiegen.[5] [6] Selbst wenn es wie angegeben wirken würde, ist Tamiflu relativ instabil. Daher lohnt sich eine Bevorratung nicht, im Gegensatz zu Amantadin, das sich über lange Zeiträume lagern lässt.
Aktuell (Sommer 2020) wird an Impfstoffen und Medikamenten zur Behandlung von COVID-19 geforscht.

Wie auch schon bei der Pandemie 1918, attackiert das Immunsystem bei einem Virus wie H5N1 oder auch bei schweren Fällen von COVID-19, die Lungen und kann akutes Lungenversagen hervorrufen. Heute gibt es, im Gegensatz zu damals, Beatmungsgeräte. Dennoch ist dieser klinische Zustand auch heute noch sehr schwierig zu behandeln. So sagte der US-Virologe Dr. Michael Osterholm im Jahr 2009, dass wir akutes Lungenversagen im Allgemeinen heute nicht viel besser behandeln können als 1918.[7]

Was sind die Ursachen von Pandemien?

Quellen:

Das Buch "How to Survive a Pandemic" von Dr. Michael Greger ist Ausgangspunkt und wichtigste Quelle für den gesamten Abschnitt.


  1. Isolation of Avian Influenza A(H5N1) Viruses from Humans -- Hong Kong, May-December 1997. CDC ↩︎

  2. Bird Flu Drug Rendered Useless. Alan Sipress; 06.2005 (Washington Post) ↩︎

  3. Pandemic Influenza: Is an Antiviral Response Realistic? Hayden, Frederick G. MD; 11.2004 (The Pediatric Infectious Disease Journal - Volume 23) ↩︎

  4. Chemotherapy and vaccination: a possible strategy for the control of highly virulent influenza virus. R. Webster, J. Kawaoka et. al; 1985 (Journal of virology) ↩︎

  5. The missing data that cost $20bn. The BMJ; 2014 ↩︎

  6. Neuraminidase-Hemmer. DocCheck Flexikon ↩︎

  7. Health Experts Sound Alarm Over Avian Flu. VOA; 10.2009 ↩︎