Welche Tierarten kommen als Zwischenwirt für SARS-CoV-2 infrage?

Der Verdacht fiel zunächst auf das Schuppentier, da in Malaiischen Schuppentieren ein mit SARS-CoV-2 verwandtes Virus gefunden wurde.[1] Das Schuppentier ist aufgrund des begehrten Fleisches und wegen seiner Schuppen, die als traditionelle Medizin verwendet werden, das meist gewilderte, gehandelte[2] und geschmuggelte Tier[3] weltweit. Alle acht Schuppentier-Arten gehören zu den vom Aussterben bedrohten Arten, der internationale Handel ist somit verboten.

Während die Zibetkatze (Schleichkatze) meist als mutmaßlicher Überträger von SARS-CoV genannt wird, galt bei SARS-CoV-2 also das Schuppentier schnell als möglicher Zwischenwirt. Bei beiden Pandemien könnten allerdings auch Marderhunde, die in großer Anzahl als ”Pelztiere” gehalten werden, eine Rolle gespielt haben. Bereits im April 2020 spekulierten die Virologen Christian Drosten und Alexander Kekulé darüber, dass auch Marderhunde als mögliche Überträger infrage kommen könnten.[4] [5]

Welche entscheidende Untersuchungslücke gibt es?

Es ist bekannt, dass das SARS-1-Virus in Felltieren wie Schleichkatzen und Marderhunden vorkam und mindestens zweimal von Felltieren auf den Menschen übertragen wurde. Christian Drosten argumentiert, dass Viren der gleichen Art häufig die gleichen ursprünglichen Wirte haben und es sehr wahrscheinlich ist, dass sie auch bei der Übertragung von Tier zu Tier denselben Weg nehmen.[6] Eine Studie aus dem August 2020 zeigte, dass sich unter anderem Marderhunde und Frettchen auch mit SARS-CoV-2 infizieren und das Virus untereinander weitergeben können. Marderhunde erkrankten dabei nicht schwer und, anders als bei Frettchen, kam es nicht zu Mutationen. Dies könnte darauf hinweisen, dass das Virus bereits gut an Marderhunde angepasst war und möglicherweise schon länger in dieser Tierart kursierte. Marderhunde könnten somit ein Reservoir für SARS-CoV-2 und damit ein möglicher Zwischenwirt sein.[7] Dennoch gibt es bisher keine Literaturdaten über die Suche nach dem SARS-CoV-2 Virus in Tieren in der Pelzproduktion. Christian Drosten spricht in diesem Zusammenhang von einer “entscheidenden Untersuchungslücke bei der Tierquelle”.[8]

Laut einer Studie[9] wurden auf dem Wuhan-Markt Marderhunde gehandelt, wahrscheinlich illegal. Es ist nicht bekannt, dass in diesem Zusammenhang nach dem Virus gesucht worden wäre. Die ursprüngliche Quelle für die Pandemie ist allerdings eher nicht auf dem Markt zu vermuten, da sich dort nur verhältnismäßig wenige Tiere befanden. Weit größere Bestände von Marderhunden und anderen Pelztieren werden in Zuchtfarmen gehalten. Dort leben hunderte, oft viele tausende Tiere dicht beieinander, wodurch Virusausbrüche und Mutationen begünstigt werden. Hier kaufen Händler:innen den Nachschub für die Märkte, kommen so in Kontakt mit den Zuchtbeständen und könnten sich infizieren. Menschen, die auf diesen Farmen arbeiten, sind ebenfalls der Infektionsgefahr ausgesetzt. Ein besonders riskanter Vorgang könnte das sehr brutale Töten der Tiere sein. Dabei wird das Virus aus Lunge und Darm abgegeben – gute Voraussetzungen für die Übertragung auf den Menschen.[10]

“Marderhunden und Schleichkatzen wird lebendig das Fell über die Ohren gezogen. Die stoßen Todesschreie aus und brüllen, und dabei kommen Aerosole zustande. Dabei kann sich dann der Mensch mit dem Virus anstecken.” Christian Drosten[11]

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Quellen:


  1. Identifying SARS-CoV-2-related coronaviruses in Malayan pangolins. Tommy Tsan-Yuk Lam, Na Jia, Wu-Chun Cao; 2020 (nature) ↩︎

  2. Viral Metagenomics Revealed Sendai Virus and Coronavirus Infection of Malayan Pangolins (Manis javanica). Ping Liu, Wu Chen, Jin-Ping Chen; 2019 (MDPI) ↩︎

  3. Pangoline – Die einzigen Säugetiere mit Schuppen. (Pro Wildlife) ↩︎

  4. Rätsel um Herkunft des Coronavirus: Stammt das Virus aus dem Marderhund? Johanna Kleibl; 04.2020 (Der Tagesspiegel) ↩︎

  5. Kekulés Corona-Kompass #35; 04.2020 - ab Min. 32:20 - (mdr Aktuell) ↩︎

  6. Coronavirus-Update, Folge 92. Beke Schulmann, Wissenschaftsredakteurin (NDR Info), Christian Drosten Virologe (Charité Berlin); 1/19 Stand 08.06.2021 ndr.de/Coronaupdate
    (PDF)
    ↩︎

  7. Susceptibility of raccoon dogs for experimental SARS-CoV-2 infection. Conrad M. Freuling, Angele Breithaupt, Thomas Müller et al.; 08.2020 (bioRxiv) ↩︎

  8. Coronavirus-Update, Folge 92. Beke Schulmann, Wissenschaftsredakteurin (NDR Info), Christian Drosten Virologe (Charité Berlin); 1/19 Stand 08.06.2021 ndr.de/Coronaupdate
    (PDF)
    ↩︎

  9. Animal sales from Wuhan wet markets immediately prior to the COVID-19 pandemic.Xiao Xiao, Chris Newman, Christina D. Buesching, David W. Macdonald & Zhao-Min Zhou; 6.2021 (Nature) ↩︎

  10. Coronavirus-Update, Folge 92. Beke Schulmann, Wissenschaftsredakteurin (NDR Info), Christian Drosten Virologe (Charité Berlin); 1/19 Stand 08.06.2021 ndr.de/Coronaupdate
    (PDF)
    ↩︎

  11. Woher kommt das Coronavirus? Drosten hält Pelzindustrie für plausibelste Corona-Quelle. dpa; 06.2021 (Der Tagesspiegel) ↩︎