Warum ist es wichtig, dass wir Impfstoffe mit ärmeren Ländern teilen?
Wenn die reichen Industrienationen nicht bald anfangen, ihren Vorrat an Impfstoffdosen mit anderen Ländern zu teilen, wird die Menschheit in einer wirklich effektiven Reaktion auf die SARS-CoV2 Pandemie versagen. Davor warnt der Generaldirektor der WHO, Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, im Juli 2021.
Nur die eigene Bevölkerung im Blick zu haben, führt in anderen Regionen der Erde zu einer praktisch ungehinderten Ausbreitung des Virus. Die bei Übertragungen immer stattfindenden Mutationen können dabei schneller neue und potenziell ansteckendere sowie auch tödlichere Varianten ausbilden - unter anderem auch solche, die nicht mehr ausreichend zu den eingesetzten Impfstoffen passen.[1] Die Deltavariante ist ein aktuelles Beispiel für eine typische Ausweichbewegung (Immunflucht) eines Virus, auch wenn sie zu unserem Glück anscheinend noch nicht die gängigen Impfstoffe unterlaufen kann.[2]
Durch Reisebewegungen und den globalisierten Handel würden sich diese neuen Varianten dann auch dort verbreiten, wo sich Menschen durch eine hohe Impfrate sicher fühlen und uns alle gemeinsam auf einen Zustand wie im März 2020 zurückwerfen. Dann müssten wir sämtliche Maßnahmen wie Maskenvorschriften und Lockdowns mit allen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen wieder einführen, bis angepasste neue Impfstoffe zur Verfügung stehen, inklusive monatelanger Testphasen. Und dann müssten alle Impfkampagnen noch einmal ganz von vorne anfangen.
„Niemand unter uns ist sicher, bis nicht alle unter uns sicher sind.“ Dr. Ghebreyesus (aus dem Englischen übersetzt)
Die USA, Großbritannien, Kanada und viele Länder in Europa haben mit ihren erfolgreichen Impfkampagnen mehr als 50% ihrer jeweiligen Bevölkerung erreicht, manche liegen sogar bei fast 70%. Ärmere Länder (besonders in Afrika und im Nahen Osten) hatten nicht einmal genug Impfstoff zur Verfügung, um ihre Risikogruppen zu versorgen.
Entsprechend ist es für Dr. Ghebreyesus moralisch empörend, dass ein paar Staaten inzwischen laut über die Immunitätsverstärkung mit einer dritten Injektion nachdenken, während anderswo das Krankenhauspersonal nicht einmal eine Erstimpfung erhalten hat. Hätten wir die Impfstoffe gleichmäßiger verteilt, hätten wir seiner Einschätzung nach inzwischen die Pandemie unter Kontrolle bekommen.
Dass zum Beispiel in den USA viele Beschränkungen wieder aufgehoben werden, verleitet viele Menschen dort zu der Annahme, die Pandemie sei quasi vorüber. Das ist ein leichtsinniger Irrtum, der das Geschehen außerhalb der Grenzen des eigenen Landes ausblendet.
Was vielen nicht bewusst sein dürfte: Die Zahl der Ansteckungen und Todesfälle sind 2021 im Vergleich zu 2020 gestiegen. Um weitere Wellen zu verhindern, fordert Dr. Ghebreyesus eine stärkere internationale Zusammenarbeit und bis zum September 2021 die Impfung von mindestens 10% der Bevölkerung in jedem Land. Bis Ende dieses Jahres sollten jeweils 40% geimpft sein, bis Mitte 2022 fordert er eine Impfrate von 70% überall, um die Pandemie wirklich zu beenden.
Es hängt also von der Weitsichtigkeit und Kooperationsbereitschaft der reichen Nationen ab, wie lange wir uns noch mit der SARS-CoV2-Pandemie beschäftigen werden müssen.
„Die Pandemie wird dann enden, wenn die Welt beschließt, sie zu beenden. Wir haben es in der Hand.“ Dr. Ghebreyesus (aus dem Englischen übersetzt) [3]
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Quellen:
WHO Warns of Deadlier Variants Taking World Back to 'Square One' of Pandemic. Jenni Fink; 21.07.21 (Newsweek.com) ↩︎
Wie gut wirken Corona-Impfstoffe gegen Delta? dpa, Reuters; 23.07.2021 (ZDF.de) ↩︎
WHO Warns of Deadlier Variants Taking World Back to 'Square One' of Pandemic. Jenni Fink; 21.07.21 (Newsweek.com) ↩︎