Welche weiteren Faktoren begünstigen die Entstehung von Zoonosen?

Neben der Industrialisierung und Intensivierung der Tierindustrie begünstigen auch damit verflochtene Faktoren die Entstehung von Zoonosen, wie die Umweltzerstörung durch den Menschen[1]. Dazu gehören unter anderem die Zerstörung und Verknappung des Lebensraumes der Wildtiere durch Entwaldung und Klimawandel. Eine wesentliche Rolle spielen auch hierbei die Herstellung und der Konsum tierischer Produkte.[2]

Mit unserem persönlichen Konsumverhalten entscheiden wir täglich, ob wir die Entstehung von Zoonosen und Pandemien unterstützen oder nicht.

Was hat unsere Lebensweise mit Pandemien zu tun?

Konsum tierischer Produkte

Das neue SARS-CoV-2-Virus verbreitete sich anfangs offenbar über einen sogenannten "wet market" (Märkte, auf denen Fleisch und Fisch, aber auch lebendige bzw. frisch geschlachtete Tiere nebeneinander verkauft werden). Woher das Virus ursprünglich stammt, ist noch nicht eindeutig geklärt. Unterschiedlichste Erreger wurden bereits aufgrund des Essens von Tieren und Tierprodukten auf den Menschen übertragen. In vielen Fällen sind Tierhaltungsbetriebe, Märkte und Schlachthöfe Ursprung neuer Erreger und Ausgangspunkte von Infektionsketten. In anderen Fällen sind Jagd und Verzehr von Wildtieren der Ursprung. So stammen beispielsweise nach aktuellem Wissensstand die menschlichen HI-Viren, die AIDS verursachen, von SI-Viren (Simian Immunodeficiency Viruses) ab. Diese schafften vermutlich im Verlauf von Jagd, Schlachtung und Verzehr von Affen mehrfach den Sprung zum Menschen. (Der Vorgänger von HIV-1 wurde vermutlich von Schimpansen übertragen, der Vorgänger von HIV-2 hat große Ähnlichkeit mit einem Erreger, der bei Rauchgrauen Mangaben auftritt. Die verschiedenen Subtypen von HIV-2 könnten durch mehrere Sprünge von Affen auf Menschen erklärt werden.)[3] Mittlerweile werden auch Pelztierfarmen als mögliche Quelle für SARS-CoV-2 diskutiert. Damit wird deutlich, dass nicht nur der Verzehr tierischer Produkte, sondern auch die Nachfrage nach anderen tierischen Produkten, wie Pelz, kritisch hinterfragt werden sollte. Aber auch durch andere Verhaltensweisen tragen wir Menschen dazu bei, dass sich Wahrscheinlichkeit und Tempo des Auftretens von Pandemien erhöhen.

Nicht nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen

Moderne menschliche Gesellschaften basieren auf Wachstum und einer mehrheitlich nicht nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen wie Land, Wasser und Bodenschätzen. Je mehr wir von dieser Erde für uns beanspruchen, umso weniger Raum bleibt für Wildtiere, die untereinander stärker zusammengedrängt werden und auch mehr mit Menschen in Kontakt kommen.[4] [5] Durch drastisch verkleinerte Wälder werden auch die in ihnen lebenden Fledermäuse gezwungen, ihren Lebensraum in andere Gebiete zu verlegen - oft in unmittelbare Nähe menschlicher Farmen. Die Zerstörung von Fledermaus-Habitaten durch Rodungen und der damit einhergehende Verlust der natürlichen Futterressourcen führte unter anderem zu Epidemien, die vom Nipah-Virus verursacht wurden.[6]

Was können wir gegen die Zerstörung des Lebensraumes von Wildtieren tun?

Die Zerstörung des Lebensraumes wilder Tiere hat eine Reihe von Ursachen: Gewinnung von Holz, Neuerschließung landwirtschaftlicher Flächen, Ausbeutung von Bodenschätzen, aber auch die Entwicklung von Siedlungen und Infrastrukturen in den betroffenen Regionen.[7] Einige Punkte die wir in westlichen Ländern hierbei beeinflussen können, sind der Konsum von Holz und Papier, der Verbrauch von sogenannten Biotreibstoffen sowie der Kauf von Elektronikgeräten. Ein ressourcenschonender Umgang mit diesen Produkten kann einen Beitrag zum Erhalt von Lebensräumen leisten. Allerdings ist der schwerwiegendste Faktor der Fleischkonsum. Hierzulande wird über die Hälfte der landwirtschaftlich genutzten Fläche zum Futteranbau verwendet. Etwa 60 Prozent des angebauten Getreides landen im Futtertrog.[8] Dennoch können wir nicht genug Futter für unsere Tiere anbauen und müssen jedes Jahr Millionen Tonnen Soja importieren.[9] Außerdem importiert Deutschland große Mengen Rindfleisch, für das in Südamerika große Weideflächen geschaffen werden mussten und müssen. Für diese Importe werden Ökosysteme zerstört, die besonders artenreich sind.[10] [11]

Klimakrise

Mit unserer Lebensweise verknüpft, ist die Erwärmung des Erdklimas. Mit der Frage, wie sich die Veränderung des Klimas auf das Auftreten von Zoonosen und die Entstehung von Epidemien und Pandemien auswirkt, beschäftigen wir uns hier. Die aktuelle Corona-Pandemie führte einerseits wegen der Reisebeschränkungen und des Herunterfahrens der Wirtschaft zu einem vorübergehenden Rückgang der Treibhausgasemissionen, der zeigte, wie groß unser Einfluss ist.[12] Andererseits musste leider die wichtige Klimakonferenz COP26 in Glasgow verschoben werden.[13] Dies hat eine weitere Verschleppung der drängenden Fragen zur Folge, die wir uns eigentlich nicht leisten können. Glücklicherweise kann jeder einzelne von uns direkt etwas tun, ohne auf die Politik warten zu müssen. Eine pflanzliche Ernährung kann im Vergleich mit einer durchschnittlichen Mischkost 2 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen und damit den Klimawandel verlangsamen. Dies ist nach aktuellem Kenntnisstand die größte Stellschraube, die wir als Einzelpersonen haben, um unseren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Neben der Reduktion der klimaschädlichen Gase werden auch andere Umweltauswirkungen, wie beispielsweise der Verbrauch von Ressourcen wie Wasser und Land, positiv beeinflusst.[14]

Mobilität von Menschen und Gütern

Ein weiterer wichtiger Aspekt menschlichen Verhaltens ist die immens gestiegene Mobilität von Menschen und Gütern.[15] Die Welt, in der sich die ersten Viren und Bakterien entwickelten, kannte noch keine Flugzeuge und keine globalisierte Wirtschaft. Mit der Überbrückung langer Strecken in kurzer Zeit können sich auch Erreger in kürzester Zeit global unter Menschen und Tieren ausbreiten. Wie sich das auf das Infektionsgeschehen auswirkt, sehen wir an der schnellen weltweiten Verbreitung der aktuellen Corona-Pandemie und, trotz aller Vorsichts- und Hygienemaßnahmen, an der Steigerung der Neuinfektionszahlen durch Reiserückkehrer.

Fazit

All das kann uns leicht demoralisieren und frustrieren. Es gibt allerdings viele Menschen, die sich jetzt schon für eine Welt einsetzen, in der Pandemien weniger wahrscheinlich sind. Wir selbst können Teil dieser Veränderung sein und optimistisch in die Zukunft blicken. Dabei werden wir merken, dass der Weg eine spannende Reise voller neuer Entdeckungen für uns sein kann.


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Wie wirkt sich der Klimawandel auf Zoonosen und Pandemien aus?

Warum ist es so wichtig, die Artenvielfalt zu erhalten?

Welche Rolle spielt unsere Ernährung und wie kann eine nachhaltige Welternährung gestaltet werden?

Können Pelzmäntel die Bekämpfung der Corona-Pandemie gefährden?

Wie können wir zukünftigen Pandemien vorbeugen?


  • Video zum IPBES #PandemicsReport (2020): Escaping the 'Era of Pandemics'
  • In diesem starken Video zeigt Greta Thunberg die Zusammenhänge und Chancen auf:

Quellen:


  1. InfectiousDisease:The human costs of our environmental errors. Bob Weinhold; 2004 (PDF, englisch) ↩︎

  2. Wie sich die industrielle Tierhaltung auf den Klimawandel auswirkt. ProVeg; 2018 ↩︎

  3. HIV: Der Ursprung des Killervirus. Pharmazeutische Zeitung; 2006 ↩︎

  4. Human impact on wildlife to blame for spread of viruses, says study. John Vidal, 08.04.2020; (The Guardian) ↩︎

  5. Wie die Coronavirus-Pandemie mit der Zerstörung von Tier- und Pflanzenwelt zusammenhängt. Charli Shield ; 14.04.2020 (DW) ↩︎

  6. Nipah Virus: Impact, Origins, and Causes of Emergence. Jonathan H. Epstein, DVM, MPH, Hume E. Field, PhD, MSc, MACVS et al. Current Infectious Disease Reports 2006, 8:59–65; 2006 (Current Science Inc. ISSN 1523-384 / PMC) ↩︎

  7. Hauptzerstörungsursachen. pro-regenwald.de ↩︎

  8. Was wächst auf Deutschlands Feldern? Bundesinformationszentrum Landwirtschaft ↩︎

  9. Soja - Nahrungsmittel für Tier und Mensch. Bundesinformationszentrum Landwirtschaft; 2020 (BZL) ↩︎

  10. Fragen & Antworten zu Soja - Was Fleisch, Soja und Regenwald miteinander zu tun haben. Oro Verde ↩︎

  11. "Fleisch ist ein Stück Lebenskraft". pro-regenwald.de ↩︎

  12. So stark reduziert die Krise die globalen Emissionen. Matthias Janson; 03.06.2020 (Statista.de) ↩︎

  13. COP26: Die Klimarettung verzögert sich wegen Covid-19. Kathleen Schuster ; 03.04.2020 (DW) ↩︎

  14. Ernährung und Klimaschutz: Jeder Veganer spart jährlich zwei Tonnen an Treibhausgasen. Ann-Kathrin Nezik; 2019 (Spiegel) ↩︎

  15. Wie Keime sich ausbreiten. Bundesministerium für Bildung und Forschung (gesundheitsforschung-bmbf.de) ↩︎