Können Pelzmäntel die Bekämpfung der Corona-Pandemie gefährden?

Aufgrund von Corona-Ausbrüchen in Nerzfarmen, werden in Dänemark alle Nerze getötet (Nov. 2020). Es geht um 15 bis 17 Millionen Nerze, die für die Pelzindustrie gezüchtet werden, unter anderem für Pelzmäntel.
Das Coronavirus kann von Menschen auf Nerze übertragen werden. Unter den Nerzen breitet es sich zügig aus und mutiert schnell. Es verändert sich dabei im Körper der Tiere in einer Form, die es beim Menschen nicht gibt. Menschen können sich wiederum bei den Nerzen mit diesen mutierten SARS-CoV-2-Varianten anstecken. Diese Vorgänge wurden laut dem Virologen Anders Formsgaard durch Genanalysen bestätigt. Bei mindestens 214 Menschen wurde in Dänemark seit Juni eine solche, ursprünglich bei Nerzen auftretende Variante, festgestellt. 200 dieser Menschen leben in Nordjütland, dort gibt es besonders viele Nerze. In dieser Region lässt sich bereits jeder dritte Corona-Fall auf Nerzfarmen zurückzuführen. Neue Untersuchungsergebnisse zeigen, dass einige dieser Mutationen widerstandsfähiger gegenüber Antikörpern sind. Es ist bekannt, dass sich mindestens zwölf Menschen aus Nordjütland mit einer als besorgniserregend eingestuften sogenannten "Cluster-5"-Variante angesteckt haben. Diese Variante weist eine neue Kombination verschiedener Mutationen auf, die so noch nie beobachtet wurde. Dieses mutierte Virus könnte sich nicht nur in Dänemark, sondern über die ganze Welt ausbreiten und möglicherweise Folgen auf die Wirksamkeit von Impfstoffen haben. Außerdem könnten sich Menschen, die bereits eine Infektion mit SARS-CoV-2 durchgemacht haben, mit solchen mutierten Varianten erneut anstecken. Ein Ende der Pandemie wäre nicht mehr absehbar.

In dem Versuch, das mutierte Virus an der Ausbreitung zu hindern, sperrte Dänemarks Regierungschefin Mette Frederiksen am 05. November die Region ab, indem sie einen Lockdown mit weitreichenden Beschränkungen verhängte.

Neben der Ansteckung zwischen Nerzen und Menschen, könnte es auch zu Übertragungen zwischen den Nerzen in den Pelztierfarmen und wildlebenden Verwandten wie dem Marder kommen. Dies könnte dem Virus inklusive der mutierten Varianten eine weitere Möglichkeit der unkontrollierten Ausbreitung bieten. Je länger es dauert die Ausbrüche in den Nerzfarmen unter Kontrolle zu bringen, um so größer die Gefahr der Ausbreitung der mutierten Varianten. Je mehr Mutationen sich verbreiten, um so schwieriger wird die Bekämpfung der aktuellen Corona-Pandemie. Die ersten Corona-Fälle in dänischen Nerzfarmen gab es schon im Juni. Trotz eingeführter Sicherheitsmaßnahmen stieg die Anzahl betroffener Farmen immer weiter an: Von mehr als 200 der 1193 dänischen Nerzfarmen wurden bisher Corona-Infektionen bestätigt.

Wie geht es nach der Tötung der Nerze in Dänemark weiter?

2021 sollen die Käfige leer bleiben. Ein generelles Verbot für die zukünftige Nerzzucht in Dänemark wird jedoch nicht verhängt. Der Regierung ist bewusst, dass die jetzigen Beschlüsse faktisch eine Schließung der Nerzfarmen für mindestens einige Jahre nach sich ziehen. Sie rechtfertigt diese für die Betriebe harten Maßnahmen mit dem Risiko, das selbst eine kleine Anzahl an Zuchttieren für die öffentliche Gesundheit birgt.[1]
Bisher haben neben Dänemark fünf weitere Länder von SARS-CoV-2-Ausbrüchen in Nerzfarmen berichtet: die Niederlande, Spanien, Schweden, Italien und die USA.[2]
Nach Ausbrüchen in über vierzig niederländischen Nerzfarmen, wurden im Sommer in den Niederlanden bereits alle Nerze getötet. Darüber hinaus wurde das für 2024 geplante Ende der Nerzzucht vorgezogen. Warum folgt Dänemark diesem Beispiel nicht genauso konsequent? Dänemark ist weltweit der größte Produzent von Nerzfellen, es handelt sich um ein Milliardengeschäft. Außerdem wird argumentiert, die Nerzzucht habe in Dänemark eine lange Tradition.[3] Bleibt die Frage, wie die Züchter diese Katastrophe, die die “Vernichtung” all ihrer Nerze finanziell für sie bedeutet, überstehen: Sie werden, wie es auch in anderen Fällen in der Tierindustrie üblich ist, vom Staat entschädigt.[4] Wäre es nicht für alle Seiten sinnvoller, wenn der Staat die Betriebe stattdessen beim Ausstieg aus dieser Industrie und beim Aufbau einer nachhaltigen Lebensgrundlage unterstützt, die keine derartigen Gefahren hervorbringt?

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Nerz in einer Farm in Schweden. Foto: Jo-Anne McArthur / Djurrattsalliansen

Warum kommt es bei Nerzen so schnell zu Mutationen?

Auch in dieser Industrie werden, wie beispielsweise in der Geflügelindustrie, sehr viele Tiere auf kleinem Raum gehalten. Dies begünstigt die Verbreitung und Mutation von Viren deutlich. Die Bilder auf dieser Seite wurden in Europa aufgenommen. Wir haben bewusst harmlose Bilder ausgewählt.[5]

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Nerzfarm in Europa. Foto: Jo-Anne McArthur / The Ghosts In Our Machine

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Nerzfarm in Schweden. Foto: Jo-Anne McArthur / Djurrattsalliansen

Weitere Ausbreitung des Coronavirus? Sprung auf Wildtiere

Nachdem auch in den USA COVID-19 bei Nerzen festgestellt worden war, wurden in der Nähe betroffener Nerzfarmen Wildtiere auf SARS-CoV-2 getestet. Dabei wurde das Virus im Dezember 2020 bei einem freilebenden Nerz nachgewiesen, der in unmittelbarer Nähe einer Nerzfarm gefunden wurde. Das Virus war genetisch nicht von den in der Nerzfarm kursierenden Viren zu unterscheiden, was darauf hinweist, dass der freilebende Nerz direkten Kontakt mit den als “Nutztieren” gehaltenen Nerzen hatte. Gelingt es dem Virus sich unter Wildtieren zu verbreiten, können wir es nicht stoppen. Es kann in diesen Tieren ein Reservoir finden und aufgrund des Anpassungsdrucks an den neuen Wirt mutieren. Nerze sind die einzigen Tiere, bei denen bisher nachgewiesen wurde, dass sie Menschen mit SARS-CoV-2 infizieren können.

Kann uns das gefährlich werden?

Dass Menschen sich bei wildlebenden Tieren anstecken, ist sehr unwahrscheinlich (solange kein direkter Kontakt besteht). Doch die Tiere in den Nerzfarmen können sich, auf umgekehrtem Weg, wiederum bei den wildlebenden Tieren anstecken und die auf den Farmen arbeitenden Menschen infizieren. Die Viren könnten sich in der Zwischenzeit soweit verändert haben, dass die vorhandenen Impfungen weniger oder nicht mehr wirksam sind. Auch Menschen die durch eine Infektion mit COVID-19 bereits Antikörper gebildet haben, könnten sich möglicherweise erneut anstecken. Es ist möglich, dass sich Übertragbarkeit, Schwere und/oder Tödlichkeit der Erkrankung auf diesem Weg verändert. Schlimmstenfalls könnte so ein neues Pandemievirus entstehen.[6][7]

Fazit

Die Verbreitung des Virus in der Wildtierpopulation können wir nicht aufhalten. Doch wir Menschen haben es in der Hand, ob wir weiterhin Nerze (und andere Tiere) für Modezwecke halten und somit das Risiko durch die Farmen weiter aufrecht erhalten. Nur solange es Nerzfarmen gibt, kann das Virus erneut von dort auf Wildtiere überspringen oder von den Wildtieren - im Zweifel in mutierter Form - wieder zurück in die Nerzfarmen und auf uns Menschen.

Wird Dänemark aus der Nerzzucht aussteigen?

Wie gefährlich können Coronaviren für uns Menschen werden?

Was haben Influenza- und Coronaviren gemeinsam? (Was sind RNA-Viren?) Hier beschreiben wir genauer, warum Coronaviren leicht mutieren und was das für die Entwicklung von Impfstoffen bedeutet.

Wie ist der aktuelle Stand der Pelztierzucht in der Europäischen Union?


Quellen:


  1. OIE Update 6 on the COVID-19 situation in mink in Denmark. Ministry of Environment and Food of Denmark, 05.11.2020 (PDF) ↩︎

  2. SARS-CoV-2 mink-associated variant strain – Denmark. WHO, 06.11.2020 (who.int ↩︎

  3. Corona-Pandemie in Dänemark: Das große Schlachten auf den Nerzfarmen. Christian Stichler, ARD-Studio Stockholm; 01.11.2020 (tagesschau.de) ↩︎

  4. Riskante Coronavirus-Mutation: Dänemark tötet alle Nerze.
    ssu/dpa; 04.11.2020 (Der Spiegel) ↩︎

  5. We Animals Archiv - Nerze ↩︎

  6. Nerz mit Corona: Das Virus ist erstmals auf ein Wildtier übergesprungen. Niklaus Salzmann; 16.12.2020 (Tagblatt.ch) ↩︎

  7. SARS-CoV-2: Studie belegt Virusübertragung von Nerzen auf den Menschen. rme/afp/aerzteblatt.de; 11.11.2020 (aerzteblatt.de) ↩︎